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Staatsvertrag: Kein kindersicheres Internet

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Wie sinnvoll ist eine Sendezeitbeschränkung im Internet? Müssen soziale Netzwerke ihre Dienste jugendfrei halten? Und: Sollen sich Jugendschützer auch um Extremismus im Netz kümmern? Mit diesen Fragen wendet sich die sächsische Staatskanzlei nun an die Bürger. Auf der neuen Plattform mit dem Titel “Ideen Jugendmedienschutz” sollen die Bürger ein Wort mitreden.

“Gerade vor dem Hintergrund der immer stärker verbreiteten extremistischen Inhalte im Internet, darf das Thema Jugendschutz im Netz nicht vernachlässigt werden”, erklärt der Chef der sächsischen Staatskanzlei, Johannes Beermann, zum Start der Plattform: “Die Online-Konsultation ist dabei eine gute Hilfe, um durch die Rückkoppelung mit Interessierten und Betroffenen wichtige Anregungen zu sammeln.”

Keine Erfolgsgeschichte

Das deutsche Jugendschutzsystem im Internet ist bisher keine vorzeigbare Erfolgsgeschichte; der letzte Versuch, den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zu reformieren, scheiterte 2010 spektakulär, als der NRW-Landtag seine Zustimmung verweigerte.

Aktuelle Versuche, deutschen Erotik-Anbietern ein Sendezeitmodell analog zum Fernsehen aufzubürden, laufen ins Leere – an der weltweiten Verfügbarkeit der inkriminierten Inhalte zu jeder Tageszeit ändern deutsche Regelungen nichts. Das Geschäft verlagerte sich entsprechend schlicht ins Ausland und ist dort auch weiterhin mit einem Klick erreichbar. Im zweiten Halbjahr 2013 wurde die Kommission für Jugendmedienschutz in gerade einmal neun Fällen wegen Jugendschutzverstößen im Internet tätig.

Kennzeichnungspflicht für Webseiten

Die deutschen Produzenten von Spielen, Filmen und Webseiten beklagen sich unterdessen über den bürokratischen Aufwand, den sie für den Jugendschutz treiben müssen. So müssen bisher (Online-)Spiele unterschiedliche Altersklassifizierungen durchlaufen – mit manchmal gegenläufigen Entscheidungen.

Die Vorschläge zur Neuregelung sehen hier eine vermeintliche Lockerung vor: Das System der Altersfreigaben soll entschlackt werden. So sollen Inhaber von Webseiten ihre Angebote mit verbindlichen Alterskennzeichnungen versehen. Mit diesem maschinell auslesbaren Siegel sollen Jugendschutzprogramme verbessert werden.

Mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sollen die Betreiber der Webseiten also in die Pflicht genommen werden, ihre Einstufung selbst vorzunehmen. Offiziell ist diese Einstufung freiwillig – wer sich allerdings nicht beteiligt, bleibt aus dem amtlich kindersicheren Internet ausgeschlossen. Diese Regelung war mit entscheidend dafür, dass der Staatsvertrag 2010 scheiterte.

Auch soziale Netzwerke betroffen?

Neben der Kennzeichnungspflicht wollen sich die Medienpolitiker der Länder auch Facebook & Co. widmen. Sie sollen alle Beiträge einem gewissen Altersniveau anpassen oder eine hohe Alterskennzeichnung vornehmen. Doch bei Medienrechtsexperten kommen solche Pläne gar nicht gut an: Denn eigentlich sind Plattformbetreiber wie Facebook oder Google von der Haftung für Inhalte ausgenommen, die sie nicht selbst erstellt haben. Dass diese Haftung jetzt durch die Hintertür eingeführt werden soll, stößt auf Skepsis: “Der Überregulierungsexzess dürfte (…) keiner seriösen juristischen Überprüfung im weiteren rechtspolitischen Diskussionsprozess standhalten”, schreibt Marc Liesching, Professor für Medienrecht an der Hochschule Leipzig und empfiehlt: “In den Papierkorb damit und nochmal anfangen.”

Dass die Landespolitiker diesen Ratschlag beherzigen ist allerdings unwahrscheinlich. Im Juni bereits sollen die Eckpunkte des neuen Staatsvertrags vorgestellt und im Dezember beschlossen werden. Da jede Änderung mit 16 Landesregierungen abgestimmt werden muss, bleibt keine Zeit für einen kompletten Neuanfang.

(Das ZDF ist für den Inhalt externer Internetseiten nicht verantwortlich)


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